Mittwoch, 4. Juni 2008

3 aus 26 : Vor der EM ist nach dem Abendgebet.

3 aus 26
Vor der EM ist nach dem Abendgebet.

Sie alle sind heiß auf diese EM, die Moderatoren von ARD und ZDF, die Bundesligaschreiberlinge, die jetzt nach Himmel und Hölle, Aufstieg und Abstieg geregelt sind, etwas an Langeweile leiden. Und wäre da nicht der Messias aus Köln gewesen: Christoph „Messias“ Daum der ewige Heilsbringer – ja dann wären wir schon eingeschlafen. Daum schaffte es gleich zweimal die Nation im Atem zu halten, wieeinmal mit der bewegenden Frage ob er beim 1.FC Köln bleibt, um mit dem Team nächste Saison wieder abzusteigen; zum anderen mit der Behauptung: wer etwas gegen die Diskriminierung von Homosexuellen im Fußball tun würde, wäre irgendwie gegen den Schutz von Kindern vor sexuellen Missbrauch. Passend dazu wurde ja heute in Berlin ein Mahnmal eröffnet.

Noch einmal hat Fußballdeutschland am vergangenen Mittwoch gewaltig gezittert. Da war doch das Finale der Champions League in Moskau, wo sich zwei englische Mannschaften gegenüberstanden. Manchester United gegen Chelsea London. Die Geldteams zweier Millionäre, der eine aus den USA kommend und der andere aus Russland regierend – aber ganz Fußballdeutschland interessierte sich nur für die Waden von unserem Michael Ballack, der Capitano, wie einst Jürgen Klinsmann zu sagen pflegte. Also waren wir artig alle für Chelsea und der Pub in der Husemannstraße am Prenzlauer Berg platze aus allen nähten. Obwohl der Wirt neulich erst den Jacobsweg gelaufen war, standen ihm die Schweißperlen bereits vor dem Anpfiff auf der Stirn. Das Ende kennen wir alle, nicht zweimal 45 Minuten mussten wir in dem überfüllten Pub um Michaels Wade bangen, denn ohne Michael werden wir ja kein Europameister. Nein, noch zusätzlich zweimal 19 Minuten Verlängerung und ein spannendes Elfmeterschießen mussten wir überleben. Hinterher war der Michael traurig und mal wieder nur zweiter. Bereits in der Halbzeitpause hatte es Fachsimpeleien gegeben ob man sich denn nun mehr über die Nichteilnahme der Engländer an der EM freuen solle, oder aber die Russen nach dem Sieg der St. Petersburger über die Mauerkünstler von den Glasgow Rangers, wohlgemerkt die bösen Protestanten, zum neuen Favoriten erheben solle. Doch dieser Spaß ist nun auch wieder vorbei.

Bevor wir uns am Dienstag durch das EM-Vorbereitungsspiel gegen Weißrussland, mit dem EX-DDR-Trainer Bernd Stange an der Seitenlinie, quälen beschäftigt uns nur eine Frage:
3 aus 26 lautet der Name der staatlichen Löw Lotterie. Früher wurden Spieler für große Turniere nachnominiert, heute kommen halt ein paar mehr mit ins Trainingslager und werde dann wieder aussortiert. Was soll die Sportjugend und das Fernsehvolk daraus lernen. Zweierlei: Im geldorientierten Leistungssport ist das Zusammenspiel von Medieninszenierung und Auswahl von Spielern zum peinlichen Event verkommen, siehe Löws Zugspitzennummer und die ärmliche Ausbootung von Timo Hildebrand, der weit unten in Valencia eben keine Lobby mehr beim DFB hat. Der andere Aspekt deutet auf ein tiefe Verquickung von Interessen, die Vermarktung von Nebensächlichkeiten wie dem endgültigen Aufgebot und dem „stilvollen Aussortieren“ von drei Spielern, wie die Rheinische Post das nennen möchte, eignet sich sehr wohl als Thema die Wartezeit bis zum ersten Spiel zu überbrücken. Denn genauso wie wir Daums Allüren, Ballacks Wade und Löws Wackelkanidaten aufmerksamkeit zollen, beschäftigt uns auch ansonsten in vielen gesellschaftlichen Bereichen nur Ablenkungsmanöver. Denn wir haben ja Zeit, wie der Kabarettist Hagen Rehter es zu sagen pflegt.


Aber dann wenn der erste Ball geschlagen ist, werden wir wieder 4 Wochen Pausenlos ein Partyvolk sein….

Gesendet von Andreas Geil am Mai 27, 2008 at 01:56 PM CEST #